London, New York, Paris – Metropolen, die als musikalische Hotspots gelten. Doch unsere Serie „Mit Superfly um die Welt“ geht neue Wege. Diesmal reisen wir nach Mogadischu, Somalia – in die Heimat der Dur-Dur Band, einer der spannendsten Bands Ostafrikas. (superfly.fm)
Nächte unter Palmen an der Strandmeile von Mogadischu. Männer in Anzügen, Frauen in Glitzerkleidern, tanzend im Takt einer Band, die Funk, Disco und somalische Folkmelodien zu einem unwiderstehlichen Sound vereint. Das war die Welt der Dur-Dur Band – Ikonen einer blühenden Clubszene im Somalia der 1980er-Jahre. Frontman Xabiib Sharaabi, auch bekannt als „Somali King of Pop“, prägte diese Ära. Heute wirkt das fast surreal: Mogadischu, einst pulsierend, ist durch Krieg und Terror verstummt. Der Bürgerkrieg löschte das Nachtleben aus, viele Musiker flohen ins Exil, einige wurden getötet. Was blieb, waren überspielte Kassetten – heimlich weitergegeben unter den Ladentischen der Stadt.
Bevor der Bürgerkrieg alles veränderte, war Mogadischu eine kosmopolitische, lebendige Metropole. Die Stadt hatte Zugang zu internationalen Einflüssen, war ein Kreuzungspunkt zwischen Afrika, Arabien und dem Westen. Die Dur-Dur Band entstand in genau diesem Umfeld. Junge Musiker, die funkige Grooves, somalische Rhythmen, Disco, Soul und arabische Melodien zu einem unwiderstehlichen Mix verschmolzen haben. Was den Sound der Dur-Dur Band so besonders macht, ist seine Vielschichtigkeit. Bläser, die an amerikanischen Soul erinnern, funky Gitarrenriffs, wie man sie aus Lagos kennt, Synthesizer-Flächen direkt aus dem Italo-Disco-Kosmos, und über allem die hypnotische Energie somalischer Rhythmen wie Dhaanto oder Saar.
Inspiriert von Künstlern wie Michael Jackson, Bob Marley oder Santana, war die Dur-Dur Band rund ein Jahrzehnt lang das Aushängeschild des kulturellen Lebens in Somalia – vor allem in der Hauptstadt. Ihre Songs liefen im Radio rauf und runter. In Nightclubs von Hotels wie dem Juba, dem Jazeera oder dem Al-Cauruuba wurde gejammt. In den frühen 1990er-Jahren löste sich die Band auf. Die politischen Unruhen eskalierten. Viele der knapp 20 Mitglieder flohen, der Geist der Dur-Dur Band lebte jedoch weiter – in Äthiopien, Dschibuti und vor allem in den USA.
Seit 2014 wird die alte Truppe der Dur-Dur Band aber wieder für Konzerte vereint. 2023 erschien das Album „The Berlin Sessions“. Auch wenn die Musikszene in Somalia wenig Spielraum hat, es gibt sie und wir glauben dass es wichtig ist, weiter und größer zu denken, und Flüchtlinge nicht zu reduzieren auf Klischees und Negativmeldungen. Die Musik der Dur-Dur Band kann dabei enorm hilfreich sein.