Wir verabschieden uns von einem der ganz Großen der afrokaribischen Musik: Eddie Palmieri, „Sun of Latin Soul“, ist im Alter von 88 Jahren von uns gegangen...(superfly.fm)
Geboren 1936 in der Bronx als Sohn puertoricanischer Einwanderer, war Palmieri mehr als nur ein Pianist. Er war ein musikalischer Visionär, ein Brückenbauer zwischen Kulturen, ein Rebell am Klavier. Sein Spiel war nie nur virtuos – es war wuchtig, kompromisslos, voller Energie. Er verband die Rhythmen afrokaribischer Traditionen mit dem Geist des Jazz, mit Funk, mit Soul – und schuf so seinen ganz eigenen Kosmos.
Schon früh war klar: Dieser Mann würde nicht bloß spielen. Er würde formen, verändern, aufbrechen. Während andere die kubanischen Wurzeln des Latin Jazz bewahrten, dekonstruierten Eddie Palmieri und seine legendäre Band Harlem River Drive in den 1960er-Jahren die gängigen Strukturen. Er tauschte glänzende Trompeten gegen donnernde Posaunen. Er verschmolz Clave-Rhythmen mit Jazzharmonien, mit politischem Bewusstsein, mit purer Energie. Seine Musik war nie nur für die Tanzfläche gedacht. Palmieri wollte, dass Menschen spüren, was möglich ist – wenn man Freiheit ernst nimmt.
Sein selbstbetiteltes Album „Harlem River Drive“ von 1971 war nicht nur Musik – es war ein Manifest: Ein urbanes Gebet zwischen Soul, Funk und Latin Jazz, mit Texten über Ungleichheit, Rassismus und Widerstand.
Der Mann, den Fans liebevoll „The Sun of Latin Music“ nannten, war einer der ersten Latin-Musiker, die einen Grammy gewannen – und er sollte viele weitere erhalten. Doch wichtiger als Auszeichnungen war ihm immer die Verbindung: Zu seiner Community, zur Diaspora, zu den spirituellen und musikalischen Traditionen, die seine Kunst durchzogen – Yoruba, Santería, Jazz, Salsa, Soul. Palmieri war ein Suchender. Einer, der sich nie mit dem Bekannten zufriedengab.
In den 70er- und 80er-Jahren wagte er sich an experimentelle Werke wie „Lucumi, Macumba, Voodoo“ und schuf dichte, mystische Klanglandschaften zwischen Spiritualität und Avantgarde. In über sieben Jahrzehnten musikalischen Schaffens wurde Eddie Palmieri zur Institution. Doch er blieb immer ein Unruhestifter – einer, der lieber neue Wege ging, als alte Erfolge zu wiederholen. Sein Spiel – kraftvoll, perkussiv, fast eruptiv – hat Generationen geprägt: Von Latin-Jazz-Pianisten bis zu Hip-Hop-Produzenten, von Salsa-Orchestern in Cali bis zu Jazzclubs in Wien. Jetzt ist seine letzte Note verklungen.
Was bleibt, ist ein Werk von unermesslichem Reichtum. Ein Feuer, das weiter brennt: In Aufnahmen, in Samples, in Erinnerungen. In jeder verschwitzten Nacht, in der seine Musik den Dancefloor übernimmt. Gracias, Maestro Eddie Palmieri.