Ende der 60-er Jahre ist der erste Höhenflug der Soul-Musik vorbei. Verantwortlich dafür ist nicht nur eine gewisse Sättigung des Marktes mit Werken aus dem Hause Motown und Stax, deren Erfolgsformel langsam ausgereizt ist. Sondern auch die politische Schockstarre nach der Ermordung von Martin Luther King im April 1968. Die Aufbruchsstimmung, die der Soul bis dahin verströmt hat, ist mit einem Schlag zunichte. Ein dunkler, bedrohlicher, teils wütender Ton kriecht in die Musik. Es schlägt die Stunde des Psychedelic Soul. (superfly.fm)
Inspiriert nicht zuletzt vom Wandler zwischen den weißen und schwarzen Musikwelten, Jimi Hendrix, öffnet sich der Soul für Einflüsse aus dem Rockbereich. Durch ihn kommt das Wah-Wah und das Distortion Pedal in die soul-Musik, der Sound wird roher und bissiger. Der Motown-Vorzeige-Act The Temptations übernimmt eine Vorreiterrolle im Finden der neuen Klangfarbe. 1970 erscheint ihre Nummer psychedelic shack, deren Titel sich auf einen damals angesagten Hippie Club in detroit bezieht. Noch im selben Jahr veröffentlichen die temptations den song ball of confusion, und setzen damit eine benchmark. Der Refrain ist die Quintessenz des Lebensgefühls in dieser von neuen Spannungen zwischen dem schwarzen und weißen Amerika geprägten Zeit.
MIt The Undisputed Truth stößt ein weiterer Motown-Act in die Klang-Sphäre des psychedelic soul vor. 1971 veröffentlichen sie ihr Album Smiling Faces sometimes. Der Titeltrack stellt sich mit hintersinnigem Groove einer aufkommenden Paranoia. Auch die Formation the Chambers Brothers etabliert sich ab Ende der 60-er Jahre als Aushängeschild des psychedelic soul. Der weiße Drummer Brian Keenan treibt den Sound der Band in Richtung Rock. 1970 betritt dann Curtis Mayfield die Bühne. Sein Debütalbum Curtis oszilliert zwischen klassischem Soul und psychedelia. Der Opener If there is a hell below, wer e all gonna go ist ein Parade-Beispiel für seine psychedelic ader und wird gerade für die erfolgreiche Serie The Deuce gefeatured. Der Psychedelic Soul treibt also das Genre ab den 70-ern in eine neue, düster angehauchte richtung, die die Ernüchterung der Bürgerrechtsbewegung aufgreift. Den Einfluss seiner Protagonisten kann man auch im Werk zeitgenössischer Artists wie Curtis Harding oder Michael Kiwanuka spüren.